Dass eine „richtige“ Autofabrik, wie zum Beispiel Daimler Benz aus Stuttgart, auf den doch eher kindlich formulierten Brief eines Zwölfjährigen (natürlich getarnt als Erwachsener) antwortete und tatsächlich Prospektmaterial schickte, beeindruckte nicht nur mich, sondern auch meine Klassenkameraden, die damals ebenso von dem Autovirus dieser 1960er Jahre infiziert waren. Die Autoprospekte erschlossen uns eine neue Auto-Welt, denn plötzlich waren es nicht nur faszinierende Gegenstände auf der Straße als Symbol von Freiheit, Wohlstand und Status im Nachkriegsdeutschland, sondern sie wurden mit vielen, z.T. wunderbaren Worten umschrieben und reichlich bebildert. Sie wurden durchleuchtet und erklärt, die Vorzüge wurden dargestellt, Datenblätter zeigten technische Details, die man noch nie gesehen oder verstanden hatte: „Selbsttragende Karosserie“, federnde Hinterachse, oder lernten alle Funktionen der Armaturenbretter durch die genauer Darstellung in den Hochglanzprospekten. Plötzlich tat sich eine völlig neue Welt auf. Kraft spielte eine Rolle („Pferdestärke“), Geschwindigkeit, Motoren, vor allem aber auch die verschiedenen Karosserieaufbauten ein und desselben Fahrzeugtyps (Limousine, Coupé oder Kombi) zeigten die fast unendlichen Gestaltungsmöglichkeiten dieser Gefährte
Das regte mich als vor-pubertierenden Dreizehnjährigen 1964 an, spielerisch eine eigene Autofabrik zu gründen, die kurzerhand RAFT getauft und mit einem Markenzeichen versehen wurde („Ratinger Automobilfabrik Troesser“).
Im Kinderzimmer wurden auf den leeren Rückseiten der Prospekte die ersten Fantasie-Entwürfe gemalt (natürlich angelehnt an die Autos jener Zeit und der Experte wird viele Ähnlichkeiten sicher erkennen können) .
Als Erster wurde der „Flamingo“ aus der Taufe gehoben, ein Viertürer mit 6 Zylindern und 160PS, die den Wagen immerhin auf 180 Stundenkilometer beschleunigen konnte. Die erste große RAFT Limousine war der „President“ (ohne ä), der aber – aus welchem Grund auch immer – schon bald „veraltet“ war.
Dieses erste Konstruktionsblatt zeigte ich meinen engsten Freunden die sofort begeistert waren und in die Fabrik mit einsteigen wollten. Jede freie Minute verbrachten Thomas, Klaus, Sebastian, Martin und andere damit, neben der Schule gemeinsam neue Fahrzeuge zu entwickeln. Und genau wie im richtigen Leben wurde eine gesamte Produktpalette aufgebaut, angefangen mit dem kleinen „RAFT 500 Dura“ (20 DIN PS), den Zweisitzer (wahrscheinlich angelehnt an den Fiat 500) gab es aber auch in einer Langversion Dura L. Darauf folgte der RAFT 800 „Temprament“, den es auch als „800 LGT“ Sportcabrioversion gab.
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