Wer an der langen Schaufensterfront des „KUNSTHAUS“es an der Grütstraße in Ratingen vorbeigeht, kann kaum wegsehen. Es ist eine Art Betrachtungszwang, sieht man doch hier immer wieder neue Bilder, Objekte, Fotografien. Werke, die inspirieren, nachdenklich machen, verwirren, die die wenigsten Passanten unberührt lassen. Wenn man ein wenig oder sogar sehr kunstaffin ist und das helle, große Ladenlokal betritt, in dem die Kunstwerke professionell und ästhetisch präsentiert werden, überkommt einen ein wohliges Gefühl zwischen Neugier und Lust, sich auf die Bilder und Objekte einzulassen wie in einem modernen Museum. Und einige Male im Jahr öffnet sich das Kunsthaus für exklusive thematische Ausstellungen oder Werkschauen einzelner Künstlerinnen und Künstler. So war am Abend des 4. November 2016 das Haus offen für alle, die die Vernissage der Ausstellung: “Schwarz-Weiss – Der Blick auf das Wesentliche“ miterleben wollten. Bei ihrer Einführung konnte man nachvollziehen, was Meike Müller sich bei diesem spannenden Thema für ihre Ausstellung gedacht hat: “Schwarz und Weiss sind mehr als bloße Farben“ beginnt sie und spannt den Bogen von der Bedeutung von Schwarz-Weiss als dualistisches Begriffspaar (Angst und Mut, Hell und Dunkel, Kreis und Quadrat usw.), als Daseinsform bzw. Haltung (Schwarz sehen, das kleine Schwarze, schwarz ist puristisch, schwarz ist zeitlos usw.) bis hin zu den Bildern ihrer Ausstellung: „Schwarz-weiss setzt bei uns einen Prozess in Gang. Ob bewusst oder unbewusst. Schwarz –weisse Bilder fordern uns stärker heraus, keine Farbe lenkt den Blick ab, der Betrachter wird gezwungen, sich mit dem Bild auseinander zu setzen. Daher der Untertitel der heutigen Ausstellung: Der Blick auf das Wesentliche!“ Zu sehen sind Arbeiten verschiedenster Künstler und Künstlerinnen, Stilrichtungen und Techniken. Gezeigt werden Grafiken, z.B. Lithografien, Radierungen, Siebdrucke. Alte Blätter von Günther Uecker, ein sehr alter Siebdruck von Otto Piene, Portraits von Max Uhlig, Lithografien von Michael Haas und Armin Müller-Stahl. Auf Leinwand sieht man Werke von Heike Ising-Alms (übrigens speziell für die Ausstellung gemalt), Ralf Bohnenkamp, Gunda Jastroff, Papierarbeiten von Kalle Peltzer und spannende Fotos von Andreas Zühlke auf Dibond.
Die Arbeiten zeigen, dass man sich auch von schwarz-weiss oder gerade durch schwarz-weiss Augen und Seele verwöhnen lassen kann, wie z.B. von den halbabstrakten Werken von Heike Ising-Albes oder Güther Uecker (unten), die grade kritisch beäugt werden von zwei Besucherinnern der Vernissage.
Am Ende dieses spannenden Abends waren schon einige rote Punkte an den Werken zu sehen und Meike Müller ist zufrieden. Für sie ist natürlich auch jede Ausstellung eine neue Herausforderung, der sie sich aber gerne mit akribischer Kleinarbeit und großem Sachverstand stellt. Aber wer ist Meike Müller, wie wird man zur kompetenten Kunsthändlerin, zu eine der wichtigen Business Frauen in Ratingen?
Sie ist in Bocholt aufgewachsen und kommt schon früh mit Kunst in Berührung. “Ich bin mit Bildern groß geworden“, sagt sie, die in Bonn und Gießen Spanisch, Französisch und Kunstgeschichte studiert.
In den Semesterferien jobbt sie in Galerien, Kunstmessen, fliegt nach New York, Frankfurt oder Basel und merkt, wie sehr es sie immer wieder hin zur Kunst zieht. Allerdings nicht zum Malen selbst, sondern zum Handeln mit Kunst.
Sie beginnt eine Einzelhandelsausbildung in Köln, einer Stadt mit den damals meisten Galerien. “Ich wollte nie in einem Kunstarchiv sitzen oder an der Uni lehren“ sagt sie. Sie hat diese außergewöhnliche Kombination aus Kunstverstand, Handlungsgeschick und Menschennähe, die sie in einem eigenen Kunsthaus umsetzen möchte.
Als es sie der Liebe wegen nach Düsseldorf zieht, eröffnet sie in Ratingen 1995 ihr „Kunsthaus“ auf der Mülheimerstraße, sicher eine mutige Entscheidung. Ihr Motto: Es soll kein elitärer Laden sein. Von der Karte über Grafik bis zu großformatiger Kunst bekannter Maler soll es alles geben – bis hin zu Einrahmungen. Kunst soll Spaß machen. Und glücklich, so ihr Motto: „Das Betrachten eines Kunstwerkes, das Verstehen und das Entdecken immer neuer Facetten einer Arbeit erfüllt viele Menschen mit Zufriedenheit und aber auch Glücksgefühlen“, sagt die Glückbringerin, die vor vier Jahren mit ihrem Geschäft von der Mühlheimer- zur Grütstraße gezogen ist. „Das Kaufen und Verkaufen von Bildern kann ein sehr persönlicher, fast intimer Prozess sein“, sagt sie, “ein Kunstgeschmack sagt natürlich vieles über den Menschen aus“. Sie versucht sich immer sehr in einen Kunden hinein zu versetzen, fährt u.U. zu ihm mit Beispielbildern nach Hause, um auszuprobieren, wo ein Bild besser hinpasst – über das Sofa oder doch hinter den Esstisch.
Das absolut Angenehme an der charmanten und kompetenten Meike Müller ist, dass sie trotz all der Kontakte in den großen, oft elitären Kunstbetrieb, die Bodenhaftung nie verliert. Kunst sollte für sie auch unabhängig von Geldbeutel und Kunstverstand glücklich machen: ob als Kunstpostkarte, Grafik oder als Werk eines sgn. großen Künstlers wie Otto Piene, dessen schwarz-weisses Bild in der Ausstellung auch bereits ein roter Punkt ziert. Ich wünsche Meike Müller auch weiterhin ein so gutes Händchen für unterschiedliche Kunst, um Menschen glücklich zu machen und ebenso viele rote Punkte. Sie ist mit ihrem Kunsthaus sicher eine Bereicherung der Ratinger Kultur- und Kunstszene. Denn Kunst muss nicht nur erschaffen, sondern will auch präsentiert und distribuiert werden. C Bilder und Text Der KuRat