Fragt man, ob es im Englischen deutsche Wortadaptionen gibt, fällt fast jedem sofort die „Bratwurst“ oder der „Kindergarten“ ein. Aber kaum jemand weiß, dass dieser z.B. in Kanada unterteilt ist in einen „JuniorKindergarten“ (für die 4jährigen) nd einen „Senior kindergarten“ (für 5jährige Jungen und Mädchen).
Hier entwickeln sich dann „Wunderkinder“ (Großbritannien), „Streber“ (serbisch für einen fleißig Lernenden) oder gar kleine „besservisseri“ ( finnisch für einen nicht liebenswürdigen, eher wichtigtuerischen Menschen, der alles „besser“ weiß als die anderen).
„In jeder Sprachgemeinschaft besteht die Bereitschaft, Wortgut aus fremden Sprachen aufzunehmen, z.B. wenn sich eine Benennungslücke zeigt oder das eine oder das andere nicht so bzw. nicht so genau in der eigenen Sprache auszudrücken ist“, so im Vorwort eines schön aufgemachten und übersichtlichen kleinen Bandes zum Thema „Ausgewanderte Wörter“ (siehe unten).
Diese Zusammenstellung ist das Ergebnis eines Wettbewerbes der Gesellschaft für deutsche Sprache mit großer Resonanz. Über 6000 deutsche Wörter aus dem Alltag von 60 Ländern bis in den entlegensten Winkel der Welt wurden zusammengetragen. Japan („kirushuwassa“ für Kirschwasser) gehört ebenso dazu wie Ungarn („schachmaty“ für Schach), Polen(„vortuch“ für Schürze) ebenso wie Afrika (Suaheli: „kaputti“, auch „halbkaputti“ für nicht funktionsfähig und „nusu kaput“ für Narkose).
So mutet es für unsere Ohren etwas fremd und gleichsam heimisch an, wenn ein Engländer sagt: “There is a Poltergeist in the house“ oder „For me a bratwurst with sauerkraut“.
Speziell aus der Autoindustrie gibt es sprachliche Belege für deutsche Wertarbeit im Ausland, so z.B. „volkswagen“ (griechisch für Kleintransporter), „fahrvergnuegen“ (aus der Autowerbung verschiedenster Länder) oder „schiebedach“ (In Farsi/Iran für Schiebedach).
Noch einige kuriose und interessante Beispiele zum Schmunzeln oder nachdenken – auch solche, bei deren Auswanderung sich ihre Schreibweise verändert hat? Zettel heißt auf Ungarisch „cetli“,die Schublade ist im polnischen zum “szuflada“ mutiert, die deutsche Nationalelf heißt auf Französisch schlicht „Manschaft“, ebenso nennt man auf Französisch einen dummen Menschen „Blödmann“. Witzig: Im Dänischen heißt der „Kater am nächsten Morgen“ einfach „kleine morgen“ und die „Mitarbeiterzeitung“ heißt im argentinischen Spanisch „Hausorgan“.
Interessant auch die Adaption von Firmennamen, die sich in einem anderen Land in der Alltagssprache eingenistet haben.
So gibt es im Französischen für „kräftiges reinigen“ oder „Sandstrahlen“ das Wort „Karcher/Kärcher“ von einer deutschen Firma entwickelt – auch metaphorisch: „nettoyer au Karcher“ heißt: mit einem eisernen Besen auskehren oder rigorose Maßnahmen einleiten. In dem kleinen, bebilderten Band steht zu jedem ausgewanderten Wort eine kurze Geschichte, so z.B. zu dem e-mail Zeichen @. Das heißt im Hebräischen „Strudel“, weil es so aussieht wie ein eingerollter Teig: “Als ich zuletzt in Deutschland war und neuen Bekannten aus Gewohnheit meine Adresse mit Strudel angegeben hat, waren einige verwirrt, andere belustigt“.
Belustigt ist man auch oft, wenn es sich nicht um aussondern ins Deutsche eingewanderte Worte handelt, die einem tagtäglich im privaten und beruflichen Alltag, in der Werbung oder Fachbüchern fast inflationär begegnen. Aber das ist wieder eine andere Story…
Prof. Dr Jutta Limbach, Präsidentin des Goethe-Instituts, Vorsitzende des Deutschen Sprachrates (Hrg.) 135 Seiten, Bilder, Hueber Verlag 2007
C Bild/Text Michael Troesser
Zentrale Quelle: „Ausgewanderte Wörter“