Musikfilm zum Träumen

 

Manchmal sieht man sich Filme an, obwohl einem das Genre nicht besonders zusagt. So beim  Musikfilm „La La Land“ , einer Kombination aus Musical und Spielfilm. Warum ist der Film so hochgelobt, hat spontan so viele Auszeichnungen bekommen, einen solchen Hype erzeugt? Gründe genug, sich einmal auf einen Musikfilm einzulassen, in einem bis auf zwei Männer nur von Frauen, zur Hälfte belegten Kino.

Man kann selbst einen guten Test machen: Hätte man zu Hause den Fernseher schon nach den ersten Minuten ausgeschaltet, aus Desinteresse, oder den Film weiter angesehen?  Bei La La Land schwer zu sagen, denn die Eröffnungsszene zeigt eine Autoschlange auf einer völlig überfüllten Autobahn in Los Angeles (Die Stadt hat den Spitznamen : La La Land), in der plötzlich alle Insassen aussteigen, um fröhlich die stressige Autoschlangenwirklichkeit durch den Traum tanzend über Autos zu überwinden, wirkt zwar witzig, durch die Irrealität aber recht weit hergeholt.

Genau davon lebt der gesamte, 30 Millionen Dollar-Film. Eine recht einfache, schon zig-mal erzählte Handlung zweier junger Künstler, er Musiker (Ryon Gosling), sie Schauspielerin, die es schwer haben in Hollywood erfolgreich zu werden. Nach einigen Wirrungen verlieben sie sich ineinander, opfern ihre Liebe allerdings der Karriere und allen Pilchererwartungen zum Trotz, kommt es am Schluss zu keinem Happy End, sondern zu einem letzten Blick, als sie – inzwischen erfolgreich – ihn in seinem (lange erträumten) Club ein letztes Mal am Klavier sitzen sieht. Sie ist mit ihrem spießigen Erfolgs(ehe)mann und Vater ihres Babys da, der nichts von der früheren Romanze seiner Frau ahnt. Mia schenkt ihrem Schicksalsbegleiter von damals beim Herausgehen an der Türe ein allerletztes Mal ein Lächeln, bevor der Nachspann beginnt.

Dann ist man nach der Überlänge des Films alleine gelassen mit seinem Gefühl und kann genau das tun, was der Film ständig macht und will: Das Leben an den Stellen sich schön-träumen, die schwer, negativ, traurig sind, wie z.B. die – übrigens traumhaft spielende – Protagonistin Emma Stone, die sich in ihren Gefühlen vorstellt, was wäre wenn sie mit dem Pianisten und nicht dem Spießer das Kind bekommen hätte.

Ja, was wäre wenn, das ist das Motto des gesamten Filmes, vieler Filme des Genres Musikfilm, den es in dieser Form lange nicht gegeben hat und der deswegen in der Fachwelt einschlägt wie eine Musiktrommel. Allerdings leistet die Musik außer der Grundmelodie wenig musikalische Innovation, sondern der 32 jährige Regisseur Damien Chazelle greift in seinem zweiten Film oft auf Szenen  klassischer Filme zurück, so beim Griffith-Observatorium, wo schon James Dean in „Denn sie wissen nicht, was sie tun“  tanzend zu den künstlichen Sternen flog – um nur ein Beispiel zu nennen.

Ein Film, der gänzlich auskommt ohne Sex and Crime mit überlangen Szenen wie sie heute nicht mehr üblich sind, (z.B. der sechsminütige Tanz zu den Sternen ohne Schnitt).  Auch dieses ist eine Rückbesinnung auf das klassische Kino.

Aber vielleicht ist genau dies das Geheimnis des Film und der Grund seines Erfolges: Unsere Sehnsucht nach der Ruhe und Gelassenheit früherer Jahre trotz – auch damals oft  widriger Umstände.  Das Eintauchen in eine bunte Welt der Traumbilder, die einen die Dramatik der Zeit ein wenig vergessen lassen so wie eine Besucherin später sagte: „Ich hätte noch stundenlang weitersehen können und mir gewünscht, sie hätten sich am Ende doch gekriegt.“

Nachvollziehbar und der Film erfüllt hier zu hundert Prozent seinem Sinn, Traumfabrik zu sein. Obwohl der Traum es ein wenig schwer hat, wenn sich die deutschen  Synchrontexte im gespielten Film ständig abwechseln mit den englischen Liedern – mit deutschen Untertiteln. Und  nicht zuletzt muss man es mögen, wenn sich Hollywood in La La Land einmal mehr selbst darstellt, denn der Film spielt zu einem großen Teil in den Warner Brother Studios in Hollywood, die Hallen werden gezeigt, man sieht Filmteams und selbst die kleine Mia verdient sich am Anfang des Film in dem Coffeeshop auf dem Gelände der Traumfabrik hinter der Theke als Verkäuferin ihr Geld, ein Cafe, zu dem sie am Ende berühmt und erwachsen zurückkehrt, auf die andere Seite der Theke sozusagen.

Viel Romantik, viel Gefühl, sehr gute Protagonisten bei einer einfachen Geschichte und wenig filmische Innovation  für die hohen Produktionskosten. Wer das mag und mitträumen will, sollte den Film sehen. Allerdings kann man sich auch die Originalfilme von damals (noch einmal) ansehen. Sie hatten zum Teil mehr Charme und Authentizität.

C Text/Bild Michael Troesser

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