Der fensterlose Raum ist klein und karg eingerichtet.  Neben dem schmalen Bett steht ein Sessel, ein kleiner Toilettenraum ist sauber und hell. Ein wenig wird man an eine Zelle erinnert. Die fünf Räume sind verschlossen, den Schlüssel erhält man kostenlos beim  Personal. Die Ruheräume erreicht man hinter dem großen Toilettenbereich der Messe in Köln Deutz. Gestresste, bepackte und müde gelaufene Messebesucher oder Aussteller können hier langsam wieder Kraft für die nächste Runde gewinnen.

In schöner Atmosphäre im Schloss gibt es zwei Tage „Ruhe“ als Entspannung von der Hektik des Alltags für 296 € im Sonderangebot.                

Im Ruheraum des Hamburger Flughafens, dieser Insel der Zeitlosigkeit, darf man nicht reden –  sonst fliegt man raus. Lufthansa und Swissair bieten für die Kunden mit langen  Wartezeiten zwischen dem Fern-Jetten auch Zonen der Entspannung an, für Normalflieger kostenfrei,  für Sparflieger allerdings kostenpflichtig.

Beim neuen Willy-Brand-Flughafen in Berlin streitet man sich zur Zeit, ob es eine Kapelle sein soll oder ein Ruheraum für die Turbo-Kunden.  

Das Seminar „Timeout statt burnout“ im Kloster  Seeon am Chiemsee kostet 225 € –  Übernachtung extra. Kirche und Ruhe haben inzwischen auch die digitale 3D-Welt im Internet erreicht. Im „Second Life“ , dieser kostenpflichtigen Parallelwelt  im Internet, ist ein begehbares Abbild der evangelischen Berliner Marienkirche feierlich eingeweiht worden und für die Katholiken steht inzwischen ein 100prozentiger Nachbau des Kölner Doms im Netz – beides digitale Orte der Ruhe und Besinnlichkeit für die fast unendlichen Möglichkeiten und der damit verbundenen Hektik einer virtuellen Welt.

Dass alles schneller wird, dass viele sich nach der guten alten Zeit sehnen, dass die erste Lokomotive den Menschen Angst bereitete und dass in der heutigen digitalen Welt viele Menschen Probleme haben mitzukommen, ist bekannt. Hier zu jammern nützt nicht viel, denn Handy und Computer, Fernsehen und schnelle Autos sind heute schon so tief in unserer Alltagskultur verwurzelt, dass wir uns dem nicht entziehen können, ohne dadurch berufliche wie private Nachteile zu haben.

Die Frage ist: wie kommt es zu dieser Sucht nach mehr in der gleichen Zeit, nach Überwindung von Zeit bis zum Limit? Neben dem Zwang zu Höchstleistung im Berufsleben oder im Fitnessstudio kann es aber auch viel tieferliegende Gründe geben.

Ist es nicht unsere Angst vor dem Tod, vor der Endlichkeit von Dasein und der Beschränktheit der Zeit? Möchte man deshalb so viel wie möglich in dieses Leben  packen? Zehn digitale Handyshots in der Minute, um keine Sekunde zu verpassen? Ist es nicht zugleich die Hoffnung, damit die Zeit zu verdoppeln, um mehr davon zu haben? Ewigkeit und Totenstille werden wir  noch lange genug geben, warum also schon heute damit beginnen?

Nicht nur im Berufsleben, auch in der Freizeit hat sich der Stress nach Mehr schon etabliert. Langsamkeit wird heute als mangelnde Leistung, Ruhe und Stillstand als Faulheit bewertet. Faulheit ist verdächtig. Müßiggang behindert Produktivität.

Und dennoch: Gerade in dieser Hochgeschwindigkeits-Gesellschaft wächst gleichzeitig  die Sehnsucht nach Langsamkeit. Gerade bei den schnell  Lebenden wächst der Wunsch, sich aus dem Getriebe auszuklinken,  wieder den Duft der Rose  zu riechen, die Geräusche des Waldes zu hören. Der Wunsch nach Sonntagen wie früher, die  gegen die Rastlosigkeit der Woche Ruhe schenken , und eben nach Kloster und Auszeit. Schnelligkeit frisst Fühlen auf. Langsamkeit schenkt Spüren.

Aus diesem Grund plädiert ich für ein Tempolimit des Lebens.

 Legen Sie deshalb nun das Smartphone, das Tablet oder den PC zur Seite oder schalten ihn aus, lehnen Sie sich zurück, schließen Sie die Augen, lassen Sie die Gedanken fließen, gönnen Sie sich die Zeit für die Zeit, nur sie selbst zu sein.

Geben Sie ihrer Sehnsucht nach Langsamkeit und Entschleunigung eine Chance. Diese Übung  tut gut, ist effektiv und vollkommen kostenfrei. Und spart Strom.

C Text & Bild Michael Troesser